Rückblick: 2017 in Zahlen
Was bleibt?
Denke ich an die Saison 2017 zurück, sehe ich aus sportlicher Sicht vorallem zwei Ereignisse.
- Race across the Alps im Juni
- Ötztaler Radmarathon im August
Das RATA konnte ich zum dritten Mal in Folge gewinnen. Dabei verbesserte ich zum dritten Mal in Folge auch meine Zielzeit und unterbot den bestehenden Streckenrekord von 21 Stunden und 26 Minuten, den ich gemeinsam mit dem schweizer Race across America Sieger Reto Schoch inne hatte, um ganze 46 min doch deutlich. 20 Stunden 40 Minuten bei annähernd optimalen äußeren Bedingungungen. Ein Rekord, der meiner Meinung nach eine Weile bestehen bleiben wird. Ich selber möchte beim RATA 2018 wieder starten, sehe aber keinen Anreiz 2018 dort noch eine ähnliche Zeit folgen zu lassen, selbst wenn die Bedingungen mitspielen sollten. Zu sehr kollidieren absolute Verausgabung mit meinen Zielen auf kürzer Strecke in der zweiten Saisonhälfte.
Auf meine Leistung beim Ötztaler Radmarathon 2017 bin ich zwar weniger stolz, aber die Zeit unter der magischen Marke von 7 Stunden ist doch etwas, das bisher noch nicht viele Sportler geschafft haben. Mit 6 Stunden und 59 Minuten wäre man vor einigen Jahren noch Sieger des prächtigeträchtigen Alpenmarathons gewesen. In diesem Jahr reichte es für Gesamtrang 3.
Ziele erreicht?
Schauen wir auf meine Aussagen vom Januar 2016, wo ich die Ziele für 2017 definiert habe:
„Die Form von Juli 2016 zur RATA-Teilnahme Nummer 3 erreichen, ist ein großes Ziel. Klassischer Saisonaufbau mit zwei Peaks. Peak 1 im Juni. Peak zwei im August. Ähnlich wie 2015 wieder ein bisschen agressivere Belastungsteigerung. Wenn es gut läuft, werde ich mich hoffentlich auch in diesem Jahr ein Stück weiter entwickeln und das Training noch ein bisschen steigern und verfeinern können. Nur Wunder und schnellen Fortschritt gibt es in diesen Leistungsbereichen nicht mehr zu erwarten. In dem Sinne wären 5 Watt mehr an der Bestform-FTP und der bisherigen CP20 schon gut.“
In der Aussage stecken mehre Zielsetzungen. Gehen wir sie der Reihe nach durch:
- Ein großes Ziel war das Triple beim RATA. Check!
- Die Form war ähnlich Juli 2016. Die Leistung an der FTP absolut gesehen um ca. 5 Watt höher. Bei knapp 340 Watt im Juni 2017. Check!
- Das Gewicht lag mit minimal 61 kg beim RATA nicht ganz bei den 60 kg von Ende Juli 2016, was bei leicht höherer FTP eine zum Vorjahr vergleichbare relative Leistung von knapp 5,6 W/kg an der Schwelle bedeutet. Insgeheim hätte ich mir hier noch etwas mehr erhofft, aber muss man berücksichtigen, das die absolute Leistung, die ich mit meinen power2max Classic Leistungsmessern registriere, eh um etwa 3 bis sogar 5 Prozent zu niedrig sind. Realistisch betrachtet, liegt das Potential für die gewichtsbezogene FTP im austrainierten Zustand sogar bei 5,8 W/kg. Ein Niveau, das ausschließlich von der schnöden Stundenleistung betrachtet (!), wohl auch für Mittelmaß im Profipeloton reichen würde. Mir ist klar, das es im Profizirkus auch andere sportliche, taktische, mentale Fähigkeiten braucht um erfolgreich zu sein, die ich vermutlich nicht besitze.
- Konnte ich 2017 das Training verfeinern? Definitiv nicht. Die Qualität im Training hat eher noch gelitten. Um die Qualität zu steigern, müsste ich unabhängiger sein, wieder deutlich öfter allein trainieren und intensive Einheiten am besten noch mit einem Trainingspartner absolvieren, der stärker ist als ich und mich am Berg mehr fordert, wie ich es alleine schaffe. Zudem fuhr ich 2017 eine Vielzahl an Kilometer durch die Stadt. Das sind trainingstechnisch meist nur Erholungskilometer, die aus Sicht des Trainings teilweise auch unnötig oder in eh schon anstrengenden Phasen gar etwas destruktiv sind. Da ich aber überzeugter Radfahrer auch im Alltag bin und das Fahrrad als ein sehr sinnvolles Verkehrsmittel in der Stadt ansehe, ist es für mich schwer möglich diese Stadtwege mit dem Fahrrad zu streichen.
Fasst man zusammen, könnte man meinen, dass ich mit 2017 doch recht zufrieden sein müsste. Um ehrlich zu sein, ich bin es nicht ganz. Auch wenn ich es 2016 nicht so offensiv formuliert habe, der Ötzisieg war schon auf meiner Wunschliste 2017. Wir sind aber nicht bei „Wünsch dir was“ und Leistungssport ist knallhart. Es besteht ein Unterschied in den Aussagen „Ich möchte den Ötzi gewinnen“ und „Ich will den Ötzi gewinnen“. Am Tag des Ötzis hatte ich eine gute Verfassung und hab alles mögliche herausgeholt. Ich bin aber mit dem Training, der Form, und meiner Einstellung nach dem RATA nicht wirklich zufrieden. Doch schauen wir dafür näher auf den Saisonverlauf.
2016 vs. 2017
Hier die langfristige Trainingsbelastung (42 Tage-CTL nach eigenem Punktesystem) in den letzten beiden Jahren.
Am Jahr 2016 gab es wenig auszusetzen. Der Formaufbau ab Januar war sehr gut. Nach jedem sportlichen Großereignis gab es eine kurze Erholungsphase. In Holzhau war ich nach Plan topfit. Keine Krankheiten oder Hänger, lange eine hohe Trainingslast ertragend und mental sehr lang fokusiert im Stile einer Saison mit einem Peak. Die Saison war nach dem Ötzi endgültig beendet und es begann die Offseason. Zum Jahreswechsel 2016/2017 verhinderte eine hartnäckige Erkältung das Sporttreiben. Die Belastung sank auf einen sehr niedrigen Wert von 70. Recht gelassen, ob der langen Zeit bis zum Sommer, begann ich Mitte Januar das Training und steigerte die Belastung über die Wochen hin kontinuierlich und sehr planmäßig. Im März eine Woche Radguiding für quaeldich.de in Andalusien bettete ich gut in den Aufbau ein. Beim Bergzeitfahren in Krupka fuhr ich taktisch, hatte aber auch einen kleinen Infekt oder übertrieb es mit dem Abnehmen nach dem 300er eine Woche zuvor und konnte keine neue persönliche CP18 Bestmarke setzen. Die Beine waren nicht ganz frisch in Krupka.
Es folgte ein richtig schöner Mai. Volle Ausrichtung auf den Radsport. Ich radelte 2970 km und trainierte 105 Stunden. Soviel wie nie zuvor in einem Monat. Das ganze mit einer sehr soliden und guten Form. Highlight war sicher die 3-Tages-Tour ins Riesengebirge mit der Fahrt zum Modre Sedlo. Am schwersten Anstieg Tschechiens ärgerte ich Michal Kwiatkowski und holte mir den KOM. Im Juni begann die heiße Phase für das RATA. Knapp zwei Wochen vor dem Saisonhighlight besuchten Plempenmeister Holger samt Familie und ich im Gepäck Lienz. Am Großglockner holte ich mir den Feinschliff fürs RATA. Die 6100 Höhenmeter schaffte ich in 7 Stunden und 45 Minuten.
Ein Woche später war ich in absoluter Topform. 77 Minuten L3 mit 297 Watt oder 2 mal 30’SST mit 320 Watt konnte ich ohne größere Schwierigkeiten treten. Beim RATA lag die CTL bei über 200. Das Gewicht bei niedrigen 61 kg. Das RATA war dann die nicht allzu schwierige Umsetzung der sehr guten Form in ein sehr gutes Ergebnis. Der Sieg und vorallem die Endzeit waren die Krönung einer richtig überzeugenden ersten Saisonhälfte.
Wie schon oben erwähnt, nach dem RATA war die Luft raus. Unfokusiert und nach der Rekordfahrt sehr zufrieden, aber auch platt und müde, gönnte ich mir fast zwei Wochen ohne jeglichen Sport. Rückblickend ein vermeidbarer Fehler. Das Stresslevel sank etwas zu tief und zu schnell. Hinzu kam, dass ich schon in der Zeit vor dem RATA zu wenig und schlecht geschlafen habe. Damit verbunden war die Regeneration nicht besonders gut und dank des sehr überschaubaren Trainings, stockte mit einer Verzögerung von ein paar Wochen auch bald der Motor. Mitte Juli konnte ich noch passable Leistungen abrufen, aber die noch gute körperliche Verfassung ging mir immer mehr abhanden. Im Training versuchte ich durch intensiveres Fahren entgegenzusteuern. Mein Körper vertrug jedoch nicht mehr soviel Stress und noch weniger wirkten die Reize leistungssteigernd. Es gipfelte in einem Übertrainingszustand und ich wurde leicht krank. Erholung war der einzige Ausweg. Das chronische Belastungsslevel sank weiter. Die CTL lag Ende Juli nur noch bei 140. Bis zum Ötzi galt es Schadensbegrenzung zu betreiben. Nicht zuviel wollen, erneutes Übertraining vermeiden, aber dennoch versuchen die Belastung wieder vernünftig anzuheben. Anzumerken sei, das ich nach dem RATA mein Training nicht mehr richtig auswertete und mir auch kein Plan schrieb. Vieles passierte nach Gefühl! Der Rest bis zum Ötzi ist bekannt bzw. steht im Ötzibericht. Mit dem Ötzi beendete ich meine Saison. Der einwöchige Quäldich.de-Ausflug in die Pyrenäen lief für mich unter dem Motto Ausrollen mit landschaftlichem Genuss. Im Anschluss war die Saisonpause ausgeprägt wie nie zuvor. Auch bei schönem Herbstwetter im September und Oktober verspührte ich keine Lust auf Radfahren und gönnte mir vorallem für den Kopf die längere Auszeit. Es war irgendwann Anfang Oktober als ich bei einem Stadtweg und einem stärkeren Antritt mal wieder richtige Frische spürte. Ein Gefühl, das ich monatelang nicht mehr kannte.
Wöchentliche Trainingszeit
2016:
2017:
Bereits im Bericht zu 2016 habe ich ein paar Sätze dazu verloren, wie die wöchentlichen Umfänge über das Jahr verteilt waren. Um mich nicht zu wiederholen, vergleichen wir lieber die Wochenumfänge von 2016 und 2017. Auf den ersten Blick schaut 2016 nach mehr Konsistenz und Struktur aus. Von KW 1 bis 40 ist 2016 eine durchweg strukurierte Planung zu erkennen. Besonders Ruhewochen zeichnen sich gut ab. 2017 ist der Trend eines Aufbaus ebenfalls erkennbar, allerdings fällt es schon schwerer jeweilige Mikrozyklen zu erkennen. Aber ein Mikrozyklus muss sich ja nicht immer über genau 3 oder 4 Wochen erstrecken. Eine Trainingswoche nicht immer von Montag bis Sonntag andauern. Insofern sollte man sich nicht vom etwas unschöneren Anblick täuschen lassen. Was gut sichtbar ist, wie nach dem RATA ab KW 26 die Umfänge ziemlich eingebrochen sind. Danach ging es gleich wieder rund in Bereichen von 20 bis 30 Wochenstunden (20h, 31h, 21h, 30h). Hoher Umfang durch viele eher langsame Grundlagenfahrten mit hohem L1-Anteil.
Der Anteil und die Verteilung von Alternativsport ist ähnlich wie 2016. Auf Schwimmen habe ich 2017 verzichtet. Als Ersatz war ich dafür etwas mehr auf Skikes unterwegs. Auch das ist eine gute Abwechslung für den monoton beanspruchten Körper eines Radsportlers.
Beste Leistungen
Über welchen Zeitraum kann man wieviel Leistung maximal erbringen? Die Critical Power gibt Antwort auf diese Frage. Nun bin ich kein Trainingsweltmeister, der seine CP-Kurve versucht nur der Erkenntnis wegen im Training auszureizen. Auch nach jahrelangem Training sind eher wenige Zeitbereiche überhaupt durch ein All Out Versuch abgedeckt. Ein richtigen FTP Test über 60 min gab es noch nie. Warum auch. Im Trainingsalltag fährt man oft mehrere Intervalle hintereinander, wodurch man nie an die Critical Power heran kommt. Im Rennen gibt es meist doch etwas Taktik und man versucht sparsam zu fahren, auch so sind Bestwerte schwierig. Dennoch gab es 2017 ein paar nennenswerte Zahlen, die in der obrigen Tabelle aufgelistet sind. Wie man sieht, sind Belastungzeit und das Datum, wo die Leistung erbracht wurde, der Reihe nach geordnet. Der Anfang des Trainingsjahres brachte die intensiven Bestwerte über sehr kurze Zeiträume hervor. Je später im Jahr, desto extensiver wurden die Bestleistungen. Ursache ist das zunehmend spezifische Training zum RATA hin. Je näher das RATA rückte, desto mehr Einheiten fallen mit der Leistung, die man auch im Rennen fährt.
Das jedoch alle Bestwerte bereits bis Juni eingefahren wurden, ist dann auch nur in der vermasselten zweiten Saisonhälfte begründet, die im Idealfall schon noch mit einigen Bestleistungen im Bereich von 2 Minuten bis 7 Stunden hätte aufwarten können.
Gewicht-Entwicklung
Im Herbst 2016 schleppte ich ein ziemliches Laster mit mir. Von 60 kg Ende Juli stieg bis Ende November in 4 Monaten um 6 kg an. Von diesen 66 kg musste ich sukzessive wieder auf Wettkampfgewicht kommen. Die 62 kg hatte ich im Mai 2017 wieder erreicht. Abnehmen allein ist keine große Kunst. Das ganze aber bei zunehmend intensiven Training eine schwierige Angelegenheit. Also setzte ich vorallem auch um Gewicht zu machen auf eine umfangsbasiertes Training mit einem hohen L1 Anteil. Das ging bis in den August hinein auch gut. Ich hielt die 61 bis 62 kg recht konstant. Nur in der Ötziwoche und bis zum Renntag schoss das Gewicht auf 63 kg hoch. Die Disziplin hielt nicht bis zum Schluss. Im Kombination mit Stress geht dann das Gewicht schneller hoch, als man denkt. Im Herbst 2017 zügelte ich mich beim Essen stärker als im Vorjahr. Große Schwankungen wollte ich vermeiden und konnte die 63 kg bis in den Dezember hinein halten. Weihnachten artete wieder zum Fressgelage aus, sodass ich mich in Folge dessen nicht auf die Waage traute. Die Ernährung aber wieder im Griff sollte ich Ende Januar 2018 wieder bei 63 bis 64 kg liegen. Ein guter Ausgangspunkt für die kommende Saison, die bei mir nun im Februar, später als sonst, beginnen wird.
Ausblick
Mein Trainingsplan werde ich ab 19. Februar wieder wöchentlich im Voraus auf meiner Trainingsseite veröffentlichen und versuchen bis zum Ötzi im September auf aktuellem Stand zu halten. Wer neugierig ist, kann dort auch einsehen, mit welchem FTP-Level ich gerade trainiere oder wieviel ich wiege. Auf Strava kann natürlich auch mein komplettes Training eingesehen werden. Die Stadtwege fahre ich zwar ohne Leistungs- und Pulsmesser und verzichte aus privaten Gründen auf eine GPS-Aufzeichnung, aber bei allen anderen Trainingseinheiten versuche ich immer einen funktionierenden Leistungsmesser, Pulsgurt und Garmin am Start zu haben.
Mein Ziel ist auch am Ende eines jeden Monats einen kurzen Zwischenbericht abzugeben, wo ich versuche mein Training der letzten Wochen, meine körperliche Form und meinen psychischen Zustand ehrlich zu bewerten.