Krusnoton 2017
Fotos: Krusnoton, Martin Richter
Rückblick
Vor zwei Jahren Hitzeschlacht und Streckenrekord. Letztes Jahr DNF. Doch die anderen Schweinchen sind für mich eingesprungen und haben noch den Sieg in der Teamwertung geholt. Beide Jahre gab es eine überragende Organisation beim längsten Radmarathon in Tschechien, so dass der Krusnoton zur absoluten Pflichtveranstaltung im Rennkalender gehört. Petz Racing war auch dieses Jahr auf allen Strecken vertreten. 110, 180 und 250 km. Dazu viele Höhenmeter, Berge und raue Straßen im tschechischen Teil des Erzgebirges und durch das Böhmische Mittelgebirge südlich von Teplice.
Vorbereitung
Die Veranstalter um Jan und Jirka gaben mir die Startnummer 1. Eine große Ehre für mich. Und das obwohl ich im letzten Jahr mit einem Reifenplatten aus dem Rennen ausschied und das Ziel in Teplice nicht im Rennmodus erreichte. Diesen GAU wollte ich dieses Jahr auf jeden Fall verhindern. Statt mit leeren Trikottaschen zu starten, packte ich zumindest ein Handy, Ausweis, Geld und Pumpe ein. In den Schlauchreifen war Dichtmilch. Kostet alles in Summe zwar ein paar Watt, aber ich war nach dem Infekt wenige Wochen vorm Krusnoton auch nicht in so einer Verfassung, dass ich den Streckenrekord im Blick hatte. Der Sieg war zweifelsfrei das gesteckte Ziel. Erstmalig nahm auch Thomas auf der 250er Runde beim Krusnoton teil. Ein Duo ab dem Stürmer war sein erklärter Traum. „Ok, wenn er sich denn von den anderen Mitfahrern lösen kann, hab ich nichts dagegen“, dachte ich mir. Mir war die leicht angezogene Handbremse sogar ganz recht, nahm sie mir ein wenig von der „Alles oder Nichts“-Mentalität. Das stellt den Spaß etwas stärker in den Vordergrund. In Hinblick auf den Ötzi auch ganz gut, so bleiben Körper und Kopf frisch und hungrig. Ich trainierte die Woche noch recht viel und intensiv und schliff ein bisschen am Gewicht. Mittwoch noch druckvolle 170 km und anschließend bis Freitag im leichten Energiedefizit um Gewicht zu verlieren. Nicht so gut für die Regeneration, aber bisschen Risiko muss man einfach eingehen. Ebenso neue Dinge ausprobieren und nicht immer am gleichen Schema festhalten. Viel Essen also erst sehr kurz vor dem Rennen, was ich auch mit etwas festen Beinen bestreiten würde.
Ich nahm das Rennen insgesamt doch etwas auf die leichte Schulter und verschätzte mich etwas. Hungerast bei km 225 am letzten Berg des Rennens und viele Fragen, ob ich den Sieg verschenkt hätte. Was ist passiert?
An den ersten Anstiegen forcierte ich das Tempo im Rennen. Super Gefühl. Niedriger Puls, gute Leistung. Die Spitzengruppe wurde kleiner und das Tempo setzte allen zu. Ich hatte meine Freude daran und die Verpflegung durch meine Eltern klappte auch problemlos. Am Stürmer wollte man mich auch schon fahren lassen, aber ein Solo war ja nicht mein Ziel. Thomas musste irgendwie vom Feld wegkommen und das klappte in Nove Mesto, am Ende des Stürmer-Anstiegs bei km 120 auch wunderbar. Alles schaute auf mich und dann war Thomas enteilt und keiner setzte nach. Ich nahm die Beine hoch und so langsam realisierten die anderen, das ich mit der Konstellation ganz zufrieden bin. Taktisch fahren, eigentlich nicht mein Ding, aber jetzt hieß es schlitzohrig sein. Die verbliebenen vier Mitfahrer überholten mich und schon setzte ich eine scharfe Attacke und machte mich auf die Verfolgung zu Thomas. Endlich Vollgas. Hinter mir auch Betrieb bei der Verfolgungsjagd, aber die Gewissheit, das ich der Stärkere bin und noch dazu die Strecke auswendig kenne. Thomas holte ich nach einigen Minuten ein und unsere Verfolger waren schon ein ganzes Stück entfernt, gerade so in Sichtweite. An Thomas vorbei, ab in den Wind und dafür sorgen, dass wir beide weiter wegkommen.
Reichlich drei Stunden im Tempobereich standen uns nun bevor, wenn wir denn wirklich als Duo durchhalten und bis ins Ziel kommen würden. Vorbei an der Flaje-Talsperre und hoch nach Kliny. Flaschenreichen und Anfeuerung durch Alex und Sylvia. Dankeschön! In der Abfahrt hinunter nach Litvinov ließ es Thomas dann einfach laufen. Das ist nicht nur mehrdeutig zu verstehen, es war auch mehrdeutig. Also etwas Abstand halten, um nicht nass zu werden. Den Anstieg nach Dlouha Louka fuhren wir kontrolliert. Ich merkte langsam, wie die Oberschenkel etwas fester wurden, fuhr recht viel Wiegetritt, dachte mir aber noch wenig dabei. Ein zweites mal ging es an der Flaje vorbei, wo an der Verpflegungsstation schon ordentlich Betrieb herrschte, treffen hier doch alle drei Strecken aufeinander. Ein zweites mal hinab nach Litivinov und auf den Schlussteil des Krusnotons. Man denkt, das schlimmste sei schon geschafft, aber die 60 km Schleife durch das Böhmische Mittelgebirge ist eine harte Prüfung. Die Erschöpfung brach voll aus bei mir. Thomas führte nun viel. Ich hing hinten im Windschatten drin. Die Oberschenkel machten immer mehr zu. Die 240 Watt berghoch waren noch ganz gut zu halten. Zumindest mit viel Wiegetritt. Und so langsam realisierte ich, das es noch sehr, sehr zäh werden würde heute. Der bereits mit Thomas ausgemachte Sieg keine Selbstverständlichkeit? 206 Watt konnte ich 2015 über die gesamte Renndauer treten. Das wusste ich. Eine gute Orientierung für mich, was mindestens an Leistungserbringung möglich ist. In Thomas Windschattten sank hingegen meine Durchschnittsleistung immer tiefer. Auf 200 Watt. Und es war trotzdem nicht mehr angenehm.
Ich fürchtete mich vor dem Moment, wo ich in Thomas seinem Windschatten sagen muss, das er bitte etwas rausnehmen muss. Ein Scheißgefühl. Es fing am vorletzten Anstieg an: „Bitte nicht schneller“. Es endete in einem Dauerschall von „Bitte kürzer“ oder „Kürzer Thomas“ auf den letzten 20 km nach Teplice. Mir war kalt, schlecht und der Kreislauf schwächelte. Ich hatte einen Hungerast und rettete mich im Windschatten von Thomas, der nun das Tempo für mich spürbar drosselte, bis ins Ziel nach Teplice. Wir hatten genug Vorsprung auf die Verfolger, war ich mir ziemlich sicher. Thomas wollte mir nun den Sieg überlassen. Es war ja so ausgemacht. Doch über den Sieg hätte ich mich nicht gefreut. Es wäre mir sogar peinlich gewesen, so zu gewinnen, nur weil es ausgemacht war. Thomas war am Ende der klar bessere und eskortierte mich die letzten 40 km bis nach Teplice. Ein Sieg bedeutet mir nichts, wenn die Leistung nicht dazu passt. Das wäre eindeutig der Fall gewesen. Also sagte ich zu Thomas, das er das Ding gewinnen soll. Seine Freude war ihm ins Gesicht geschrieben und er sprintete ins Ziel. Wohl der größte sportliche Erfolg für Thomas und der verdiente Sieger des Rennens. Er hatte soviel Pech dieses Jahr. Reißzwecken auf Mallorca. Unwetter beim Dreiländergiro. Nun der Sieg beim Krusnoton auf der langen Strecke!
Fazit
Ich erreichte das Ziel mit einer Durchschnittsleistung von „nur“ 198 Watt. Es fehlen ganze 8 Watt zu 2015 (vgl. Stravaaktivität 2015 zu 2017).
8 Watt über 8 Stunden Renndauer bedeuten etwa 350 kcal, die wohl in meinen Speichern seit Beginn des Rennens gefehlt haben. 350 kcal, die den Unterschied zwischen einem sehr guten Rennen und einem Hungerast bei km 225 ausmachen. Ich hatte den Mut, das Rennen mit wenig Erholung aus dem Training heraus zu bestreiten. Auf der einen Seite ein Fehler, auf der anderen Seite bin ich nun um eine Erfahrung reicher und kann meinen Körper besser einschätzen als zuvor. Von mehrtägigem Carboloading halte ich zwar nicht mehr viel, aber erst 10 Stunden vor dem Rennen anfangen, die Speicher zu füllen, ist dann doch etwas kurzfristig.
Insgesamt war meine Freude über meine Leistung an dem Tag etwas getrübt. Klar ärgert mich so ein Aussetzer. Dafür war es abermals das Team, das beeindruckte. Durch eine geschlossene Leistung und die viele Starter von Petz Racing. Ob fernwegs-Sven mit Sonderbar-Mario und Frank-Peter, die zusammen die 180er Runde fuhren und das Ziel gemeinsam überquerten. Das zeugt von Sportsgeist. Die gute Leistung von Gallo auf der 250er Strecke – 3. Platz in der AK. Ebenso für Tobias auf der sehr stark besetzten 180er Runde. Dazu die starke Petz Racing-Dresden-West-Fraktion um Ralf, Alex und Alex und natürlich der Sieg für Angela auf der 110er Strecke. Ihr seid ein paar geile Schweine! In Sölden auf ein Neues, nur mit gut gefüllten Speichern!
Bericht von Sieger Thomas Hoffmeister
Unser Wochenende startet mit Dauerregen auf der Anreise nach Teplice, dem Start-/Zielort des 250km langen Radmarathons mit knapp 5.000hm im Erz- und Böhmischen Mittelgebirge. Jens, Henriette, Robert und ich übernachteten bereits in einem Hotel, um am Morgen vorm Start etwas weniger Stress zu haben. Doch die jugendliche Urlaubsgruppe trällerte bis 1:30 Uhr feuchtfröhliche Schlager auf dem Balkon, so dass wir sehr schlecht und wenig Erholung fanden. So war das nicht geplant. Punkt 7 Uhr starteten wir im Zentrum mit einer mehrköpfigen tathungrigen Schweinebande.
Das Rennen beginnt direkt am ersten Anstieg, denn Robert bläst zur Attacke und zerlegt das Feld, um zu selektieren. Naja mir bereitete die Aktion bei Rennkilometer 25 bereits die max. Herzfrequenz und bis auf den Zielsprint auch die maximale Leistung. Effekt war aber eine Spitzengruppe von etwa 20 bis 30 Fahrern, die nun auf die nächsten Hügel zusteuerte. Wir hatten uns vorgenommen an einem der kommenden Berge vom Feld wegzukommen und die Meute vorher etwas gar zu fahren. Also gestalteten wir das Pacing am Berg so, dass ich nicht im Roten Bereich fuhr (danke dafür) aber es für viele Sportler schwer genug war, um genau in der Zone zu verschleißen. Ja es schnaufte und röchelte teils sehr stark und das gefiel uns besonders gut. Unser Kapitän Robert galt als Topfavorit die tschechischen Fahrer führten in der Regel gar nicht und überließen uns die Tempoarbeit. Verpflegung hatten wir bestens organisiert. Dank Roberts Eltern und Alex vom Schwimmteam Erzgebirge eV konnten wir unser Schweineplempe genau zum richtigen Zeitpunkt aufnehmen. Das ist schon sehr viel wert und ist nicht selbstverständlich. Vielen Dank Euch! Am Mückentürmchen begannen wir dann auch etwas mehr zu investieren, jedoch wurde mein eigener Vorstoß von den böhmischen Kollegen gekontert. Am Stürmer bei Rennkilometer 120 etwa löste sich Robert vom Feld und keiner konterte, aber sobald ich versuchte nachzusetzen, hing mir der ganze Rest der vielleicht noch 6 bis 7 Begleiter am Hinterrad. Zweimal probiert, aussichtslos. Die Kollegen meinten der Robert könne fahren, der ist eh zu schnell, aber bei mir waren sie nicht mit einer Flucht einverstanden. So schlossen wir erstmal die Lücke zu Robert gemeinsam und wir beide vereinbarten jetzt umgedrehtes Spiel. Und das lief perfekt. Wohl überrascht von meinem Antritt, wo der Berg eigentlich gerade geschafft war, konnte ich binnen kurzer Zeit eine große Lücke reißen. Tja und Robert ließen sie dann auch alsbald fahren, er war ja der Favorit. In der Folge fuhren wir ein sattes Tempo, Robert zu 99% in Front und erarbeiteten uns Minute um Minute. Doch das Rennen hatte noch eine Überraschung bereit, denn in der letzten Stunde erwischte es Robert mit einem ordentlichen Notaus. Am letzten Anstieg lief gar nichts mehr zusammen und er konnte meinem Tempo nicht mehr folgen. Hört man selten von ihm „vorne kürzer“ … Aber da zählt Teamwork über alles und so wartete ich natürlich und wir rollten, so schnell es irgendwie noch ging und das war nicht mehr so schnell dem Zielstrich entgegen. Platz 1 und 2 auf der 250km Runde, für Robert ein Vorbereitungsrennen auf den ÖRM, für mich ein Riesending. Sieg beim Krusnoton, ich kann es gar nicht fassen. Kann gar nicht oft genug DANKE sagen für die vielen Führungskilometer vom Schwein und natürlich für die top vorbereitet Grundlage, das Training im Petzracing Team.